16/06/2023
Fünf aktuelle ausgewählte Änderungen im deutschen Recht
Fünf aktuelle ausgewählte Änderungen im deutschen Recht mit Auswirkung auf in- und ausländisches Betriebs- und Privatvermögen sowie Gestaltungen zur Vermögensverwaltung bzw. Nachfolgeplanung.
1.
Bereits seit dem 01.07.2022 besteht für alle juristischen Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften nach § 20 Abs. 1 Geldwäschegesetz (GwG) die bußgeldbewehrte Verpflichtung, Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten einzuholen, zu aktualisieren und zur Eintragung in das Transparentregister mitzuteilen. Diese Verpflichtung gilt auch für Vereinigungen mit Sitz im Ausland (z.B. Österreich), wenn diese juristischen Personen oder Vereinigungen Eigentum an einer im Inland (Deutschland) gelegenen Immobilie halten, solches erwerben wollen oder Anteile an einer juristischen Person erwerben, die derartiges Vermögen hat. Der Begriff ‚juristische Person des Privatrechts’ umfasst u.a. Unternehmen in der Rechtsform der GmbH, der AG, eingetragene Vereine, rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts und eingetragene Personengesellschaften wie Kommanditgesellschaft, OHG und Partnerschaftsgesellschaften. Auch nicht rechtsfähige, eigennützige Stiftungen, Trusts und vergleichbare Rechtsgestaltungen sind verpflichtet der das Transparentsregister führenden Stelle (Bundesanzeigerverlag GmbH) Angaben über ihre wirtschaftlich Berechtigten elektronisch mitzuteilen. Zuwiderhandlungen gegen die Verpflichtungen aus dem Geldwäschegesetz (Anmeldung zum Transparenzregister) können schon bei leichtfertiger Begehung mit einer Geldbuße bis zu 100.000,00 Euro geahndet werden.
Während in der Vergangenheit die rechtsfähige Stiftung nach deutschem Recht weitestgehende Anonymität sichergestellt hat, sind nach den nunmehr in Kraft getretenen Rechtsvorschriften die wirtschaftlich Berechtigten jeglicher juristischer Personen, die in den Anwendungsbereich des Geldwäschegesetz fallen, mit Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Wohnort, Art und Umfang der wirtschaftlichen Interessen und aller Staatsangehörigkeiten anzumelden.
2.
Ebenfalls infolge der Umsetzung einer EU-Richtlinie tritt nun auch in Deutschland mutmaßlich mit Verkündung im Juni 2023 das Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft, das Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern dazu verpflichtet, bis spätestens 17. Dezember 2023 eine „Whistleblower-Stelle“ einzurichten und ihre Beschäftigten darüber zu informieren. Die entsprechenden Mitarbeiter oder extern benannten Beauftragten sind verpflichtet, dem Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen den Eingang seines Hinweises schriftlich zu bestätigen und ihn binnen drei Monaten darüber zu informieren, welche Maßnahmen im Hinblick auf den Hinweis ergriffen wurden.
Es ist im Rahmen der Anwendung dieses Gesetzes sicherzustellen, dass die Identität des Hinweisgebers nur den Personen bekannt ist, die vom Unternehmen zur Bearbeitung der Hinweise bestimmt wurden. Von der Einrichtung einer internen Email-Adresse sollte abgesehen werden, da nicht gewährleistet werden könne, dass die IT-Abteilung eines Unternehmens Mails der Mitarbeiter nicht mitliest oder den Mail-Account in anderer Weise kompromittiert. Den Erfordernissen des Geldwäschegesetzes, insbesondere im Hinblick auf das Transparenzregister, aber auch des Hinweisgeberschutzgesetzes ist durch sorgfältige schriftliche Dokumentation Rechnung zu tragen.
Kommt es zu Kontrollen oder Überprüfungen, kann die Vorlage der schriftlichen Dokumentation nach Einschätzung der juristischen Fachwelt in der Praxis die Einleitung von Bußgeldverfahren verhindern.
3.
Durch das am 20.12.2022 in Kraft getretene Jahressteuergesetz 2022 wurden unter anderem die Anpassung der Vorschriften der Grundbesitzbewertung des Bewertungsgesetzes vorgenommen, die für die Bewertung bebauter Grundstücke, soweit es sich um Wohnungseigentum, Teileigentum und Ein- oder Zweifamilienhäuser handelt, grundsätzlich das sogenannte Vergleichswertverfahren festschreibt. Dabei sind Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die hinsichtlich der ihrem Wert beeinflussten Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen. Dieses wird faktisch in zahlreichen Fällen zu einem ganz erheblichen Anstieg der Werte führen und unter anderem dazu führen, dass bei Übertragung von Immobilienbesitz zu Lebzeiten oder von Todes wegen es nun häufig zur Steuerpflicht nach dem Erbschaftsteuergesetz kommen würde. Da entgegen zahlreicher politischer Folgerungen die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer nicht erhöht worden sind, hat der Freistaat Bayern für Anfang Juni angekündigt, eine abstrakte Normenkontrollklage zum Verfassungsgericht zu erheben. In der Konsequenz ist dringend anzuraten, sämtliche derzeit noch anhängigen Schenkungs- oder Erbschaftsteuerveranlagungen, aber auch Grundsteuerfälle durch Einspruch offen zu halten und dabei darauf hinzuweisen, dass die steuerlichen Veranlagungen bis zum Abschluss des Normenkontrollverfahrens ruhen sollten. Aus den eingangs geschilderten Gründen betrifft das auch Fälle, in denen sich das Immobilienvermögen im Besitz einer juristischen Person des Privatrechts befindet und gilt insbesondere auch für Fälle, in denen Ausländer über inländischen Immobilienbesitz, gleich in welcher Rechtsform, verfügen.
4.
Im Hinblick auf den Aufgabenkreis der DHK ist ferner auf die Verschärfung der Wegzugsbesteuerung ab dem Veranlagungszeitraum 2022 hinzuweisen. Zieht eine Person, die in Deutschland sieben Jahre unbeschränkt steuerpflichtig gewesen ist in ein EU-Land oder einen Drittstaat um, wird im Zeitpunkt des Wegzugs eine Veräußerung der Anteile an Kapitalgesellschaften fingiert, es kommt also zur Versteuerung der stillen Reserven. Die angefallene Einkommensteuer (Wegzugsbesteuerung) kann bei Stellung entsprechender Sicherheiten zinsfrei in sieben Jahresraten gezahlt werden.
5.
Zum 01.01.2024 wird die Neufassung des Personengesellschaftsrechts in Kraft treten, nachdem die GbR nunmehr selbst Träger von Rechten und Pflichten ist und als rechtsfähige Gesellschaft im Gesellschaftsregister eingetragen wird. Damit unterfallen Gesellschaften bürgerlichen Rechts dann auch dem Geltungsbereich der Transparenzregisterrichtlinie und dem Hinweisgeberschutzgesetz. Die Eintragung im Gesellschaftsregister erfolgt zwar nur auf Antrag der Gesellschafter, insoweit dürfte aber eine Zustimmungspflicht der Gesellschafter bestehen. Die Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister führt dann allerdings auch zur Haftungsbeschränkung der Gesellschafter, die dann nur noch mit ihrem Gesellschaftsanteil für Verbindlichkeiten der Gesellschafter haften. Neu eingefügt in § 711 a BGB die eingeschränkte Übertragbarkeit von Gesellschafterrechten (§ 711 a BGB neue Fassung) und eine im Personengesellschaftsrecht bis dahin nicht bekannte Beschlussmängelklage (§ 17 BGB neue Fassung).
Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass hier nur ausgewählte Änderungen, die in Kraft getreten sind bzw. deren Inkrafttreten unmittelbar bevorsteht, im Hinblick auf die mutmaßliche Interessenlage der Mitglieder und Adressaten der Deutschen Handelskammer Österreich dargestellt sind. Im Hinblick auf die Komplexität ist dabei in Kauf zu nehmen, dass die einzelnen Vorschriften nur kurz und keinesfalls abschließend erörtert werden konnten.
Klaus-Dieter Wülfrath
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Steuerrecht, vBP
Rechtsanwälte Wülfrath & Partner, Karlsruhe